Beatnik-Sommernachtstraum aus dem "Big Apple"

Recht unvermittelt beginnt der Einstieg in den "Opern-Abend": Vor dem Einzug des Ensembles werden durch die Darsteller erst noch einmal die Eintrittskarten geprüft, der Zuschauerbereich und die Bühne gereinigt sowie Mini-Ventilatoren ("Fans") und Süßigkeiten gereicht. Erst dann kann der "Rausch in Musik, Worten und Licht" der Pocket Opera Company (POC) mit 12 Saxophonisten und Percussion beginnen.

 

Beatnik-Sommernachtstraum


In der Produktion "Zwischen Sehnsucht und Mitternacht" erlebt man die fiktive Begegnung von zwei Figuren, die den Zuschauer in ein musikalisch-literarisches Wechselspiel der Gefühle mitnehmen. Der eine ist Louis Thomas Hardin alias Moondog (gespielt von Robert Eller), "Pate aller Minimal-Musikanten" und Vorläufer der Hippie-Generation. Hardin wurde zum Kult als er von 1943 bis 1971 in nordischem Outfit durch Manhattans Straßenschluchten zog, dort seine Lieder sang und Gedichte verkaufte. In der Inszenierung trifft er auf eine weitere - literarische - New Yorker Kultgestalt: Fan Man von William Kotzwinkle (gespielt von Frank Strobelt).

Dieser Horse Bardorties ist ein liebenswerter Chaot und Musikfreak, ein Sammler von Zivilisations-Müll und Notenblättern, der als Möchtegern-Frauenheld, davon träumt, fünfzehnjährige Mädels in sein verwanztes Einzimmer-Appartement - in der Aufführung im Müllcontainer - abzuschleppen.

Zwischen beiden entwickelt sich - im Chaos des New Yorker Stadtlebens, das den Hintergrund bildet - ein vielfältiges Spiel mit Imagination, Wandlungen und wechselnden Verkleidungen, in dem sich letztendlich alles um die feenhafte allegorische Traumfrau (das Ewig-Weibliche), namens "Sehnsucht" dreht, die von Gertrud Demmler-Schwab u. a. mit Bauschekleid und Reifrock, verkörpert wird.

Eine besondere Rolle bei dieser Aufführung der ältesten freien Operngruppe Deutschlands spielen Moondogs intensive Musik, zwischen schrägem Swingsound und Minimalismus, und der Gesang der Hauptdarsteller, die dazu beitragen, dass das Stück - auch ohne genaue Kenntnis der Hintergründe von Handlung und Personen - seine eindrückliche Wirkung entfalten kann.

Vielleicht ließ die Ankündigung des Stücks eher "schwere Kost" vermuten, so dass die Reihen im Fronhof an diesem heißen Sommerabend nur locker besetzt waren. Doch dieses kulturelle Highlight hätte mit Sicherheit eine größere Resonanz verdient gehabt. Die spritzige Aufführung mit ihrem humorvollen und selbstironischen Spiel sowie der virtuosen Bläserbegleitung unter der Leitung von Franz Killer kam beim Publikum jedenfalls sehr gut an, was sich auch im lang anhaltenden Beifall, der die Darsteller sogar noch zu einer kleinen Zugabe bewegte, zeigte.
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