HanauOnline - 11.07.2009

Wenig sommerlich zeigt sich leider die Witterung als am Freitagabend der 23. Hanauer Kultursommer von Kulturmanager Klaus-Dieter Stork eröffnet wird. So bleibt auf dem Schlossplatz in diesem Jahr ungewöhnlich viel Platz als das Tanzforum München sein Ballett "Sommer.Nachts!Traum?" auf der großen Bühne präsentiert. Von Regen bleibt die Aufführung aber dann, trotz drohender, tief hängender Wolken, glücklicherweise verschont, so dass doch noch einige hundert wetterfeste Besucher in den Genuss des verspielt-komödiantischen Tanzstücks um Liebe und Triebe, Leidenschaft und Begierde - frei nach Shakespeare - kommen.

Getanzter Sommernachtstraum

Kurz vor der geplanten Hochzeit genießen drei befreundete Paare noch einmal das unbeschwerte Leben, bevor es am nächsten Tag wirklich ernst werden soll. Durch einen Cocktail eher zweifelhafter Zusammensetzung, werden die Paare von mysteriösen Elfenwesen in einen bunten Märchenwald versetzt. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Leistung von Noelle Weinmann, die als Puck - ganz in Shakespearescher Tradition - die verschiedenen Handelnden des Stücks in immer neue Irrungen und Wirrungen stürzt.

In einer "traumversponnenen Nachtwanderung" kommen so die versteckten Leidenschaften und Sehnsüchte der einzelnen Protagonisten zum Vorschein, die in „Sommer.Nachts!Traum?“ auch eindeutig homoerotische Facetten haben. Die Kombinationen zwischen den Paaren gestalten sich daher in diesem Ballett noch ein wenig freizügiger als man es von Shakespeare gewohnt ist. Titania - von Elodie Lavoignat sehr lebendig verkörpert - verliebt sich in Lysander. Ihr zukünftiger Gatte, Oberon (Daniele Varallo), ist davon wenig erbaut: Erliegt er doch selber den Reizen des jungen Mannes. Lysander hingegen entdeckt seine Zuneigung zu Demetrius, während dieser es auf Helena abgesehen hat, die ihren Blick selbst jedoch kaum von Hermia lassen kann. All diese Neigungen und Sehnsüchte werden von den Darstellern in verschiedenen Tanzpassagen sehr überzeugend zum Ausdruck gebracht: Helena (Franka Knieß) und Hermia (Franziska Angerer) entdecken eng umschlungen in ihrem "Pad-de-deux" die "Freunden der Frauenliebe". Lysander (Steven Ron Barrett) und Demetrius (Deniz Doru) zeigen dagegen getanzte männliche Erotik. Am Ende des Stücks werden wieder alle aus der verzerrten Welt befreit. Die unheimlichen Leidenschaften sind scheinbar vollständig unter der Oberfläche verschwunden; "Normalität" scheint wieder hergestellt. Es erklingen tatsächlich die Hochzeitsglocken. Aber alle Handelnden mussten in der verzauberten Nacht vor der Hochzeit erfahren, "dass das Leben mehr bereithält als das, was man gemeinhin einen 'sicheren Hafen'" nennen kann.

Virtuose Tanzkunst und mimische Ausdruckskraft der verschiedenen Tänzerinnen und Tänzer verbinden sich in der Kombination mit der Choreographie von Eckhard Paesler und der stimmig gewählten Musik-Collage (mit Stücken von Mendelssohn-Bartholdy, Vivaldi, Nicolai und Rossini) zu einem mitreißenden künstlerischen Gesamteindruck. Viel zu schnell erscheint daher die außergewöhnliche, fröhlich-bunte Ballett-Stunde vorbei gezogen. Es gelingt dem Tanzforum München mit seiner zeitgemäß-frischen und humorvollen Art der Präsentation auch beim Hanauer Publikum zu punkten. Die Begeisterung der Zuschauer für die großartige Leistung des international zusammengesetzten Ensembles erweist sich in minutenlangem Schlussapplaus.
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