Am Sa., 6. Juli verwandelte sich die Offenbacher Innenstadt mit dem zentralen Quartier rund um Rathaus, Aliceplatz und die Frankfurter Straße beim Internationalen Straßentheaterfest 2024 erneut in eine große Bühne für Artisten, Gaukler, Magier und Schauspieler.
Auch in diesem Jahr war das Freiluft-Festival nicht gerade von der Witterung begünstigt. Kurz nach Beginn, am frühen Nachmittag und kurz vor Schluss am Abend gab es doch einige Niederschläge. Aber auch der heftige Wind machte den Künstlern bei ihren Auftritten – selbst in den sonnigen Phasen am Nachmittag – durchaus zu schaffen.
Gerade in der Heimatstadt des Deutschen Wetterdienstes (DWD) müsste sich das irgendwie besser regeln lassen. Trotzdem ließ sich das interessierte Publikum nicht lange vertreiben, sodass die Veranstaltung insgesamt doch recht gut besucht war.
Die Mischung des Programms unterschied sich vom letztjährigen Theaterfest recht deutlich. Auffällig war u. a., dass in diesem Jahr viele Künstlerinnen und Künstler aus dem lateinamerikanischen Raum oder mit den entsprechenden Wurzeln in Offenbach vertreten waren.
Unterschiedliche Auftritte zauberten die bekannten "Funky Monkeys" aus Berlin auf die verschiedenen Plätze. Die "interdisziplinäre und interkulturelle Performancecompany" präsentierte dabei die u. a. vor dem Rathaus ihre Show "Groove", die Artistik, Slapstick-Elemente und urbanen Tanz miteinander verbindet.
Leider konnte das eigentlich geplante fulminante Finale am "Chinesischen Mast" wegen der Nässe aus Sicherheitsgründen nicht stattfinden.
Etwas später gab es einige Meter weiter am Alice Platz eine bunte und Action-betonte Urban-Dance Performance der Gruppe.Kurz vor Schluss des Festes wurde dem Publikum – diesmal wieder am Rathaus – sogar die Möglichkeit geboten, bei einem Tanz-Workshop mitzuwirken. Dies war eine besondere Gelegenheit für Tanz-Interessierte mit Leidenschaft für Hip-Hop aus allen Altersgruppen und Erfahrungsstufen, zumindest die Grundlagen des Streetdance zu erlernen.
Für viel Spaß sorgte der Komiker, Jongleur und Improvisationskünstler "El Goma" mit seiner chaotischen "Atari-Show" – in der alles, was schief gehen könnte...schief geht." Dabei bezog der Argentinier Juan Gomez, der seit 15 Jahren in Deutschland lebt und seinem Beruf als Entertainer nachgeht, auch immer wieder spezielle Requisiten aus dem Koffer, das Publikum und Elemente aus der jeweiligen Umgebung in seine komödiantischen Sketches mit verschiedenen akrobatischen Elementen ein.
In ein eigenartiges Bällebad lud danach "Wonderland" die Offenbacher nahe der kleinen Evangelischen Stadtkirche ein. Kinder wie Erwachsene aus dem Publikum wurden animiert, bei der Show mitzumachen und sich "auf eine abenteuerliche Reise durch das fantastische Wunderland der bunten Bälle" zu begeben.
Dabei nahm die "Action" im Verlauf der "Handlung" immer weiter zu. Wo zunächst nur einige Bälle zwischen dem Künstler und einem einzelnen Mit- oder Gegenspieler aus dem Publikum hin und her flogen, kam es in der Folge zu regelrechten Wurf-Duellen. Der eine oder andere Gast wurde beim eskalierenden "Kampf" auch schon mal durch das mittlerweile mit Unmengen von Bällen gefüllte Becken geschleift. Zum Schluss hin flogen die bunten Objekte - mit Schneeschaufeln in die Luft befördert - in wahren Massen über das gesamte Areal. Am Ende bekamen insbesondere die kleineren Besucher des Festes noch die Gelegenheit, sich selbst einmal ins Bällebad zu stürzen.
Bei der Perfomance "zeit" von "t-raum to go" ging es, vor der Wetter- und Klima-Werkstatt in der Fußgängerzone, um den Umgang von Menschen mit ihrer "Lebens(zeit)." Mal witzig, mal besinnlich wurde mit Musik und Bewegung thematisiert, was man mit dieser am besten anstellen könnte oder was man vielleicht doch eher unterlassen sollte. Sollte man etwa seine Zeit "verbummeln, vergessen, genießen, totschlagen oder gewinnen." Wer einer der Aufführungen beim Straßentheaterfest folgte, hatte seine Zeit dabei zumindest nicht verschwendet. Einige Zuschauer hatten sogar das Glück, von den Künstlern ein abgefülltes Zeit-Kügelchen in einem Fläschchen als Geschenk zu erhalten.
Bei "Man in Bubble" von Mariano Guz (von der italienischen Gruppe "Bubble on Circus") wurde die ganz besondere „Magie der Seifenblasen“ mit Eleganz und Komik auf dem Aliceplatz zelebriert. Dabei vermochte es der Künstler das zahlreich erschienene Publikum, mit verschiedenen Gags und seinen unglaublichen Fähigkeiten im Umgang mit den doch eher kurzlebigen Objekten immer wieder erstaunen und begeistern.
Dabei musste er allerdings schon darauf achten, dass die Blasen lange genug überlebten, da gerade die kleineren Besucher einen besonderen Spaß daran hatten, diese so schnell wie möglich zum Platzen zu bringen.
Während der Show, die wirklich ein unvergessliches Erlebnis bot, nahm die Anzahl und die Größe der erzeugten Seifenblasen, die vom Artisten mit unterschiedlichen Gerätschaften erzeugt wurden, immer weiter zu, sodass bald gigantische bunt-schillernde Objekte über den Platz schwebten. Außerdem konnte Guz zeitweise sogar wirklich in einer der riesigen Blasen Unterschlupf finden.
Wer als Besucher des Festivals Glück hatte, dem begegnete während Nachmittags oder am frühen Abend vielleicht der Walking Act "Cosmos" (Cosmos Nicolas Rayes) aus dem südamerikanischen Chile in der Offenbacher City.
Hier tanzte ein grün-schimmerndes geheimnisvolles Wesen in einem mit unzähligen Knoten in Makramee-Technik handgefertigten Kostüm, über die verschiedenen Straßen und Plätze. Dabei bezog er auch immer wieder gerne die Zuschauer ein und stand für Selfies und andere Fotos gerne zur Verfügung.
Musikalisch wurde es beim Straßentheaterfest mit Tilman Birr und Elis C. Bihn alias "Welthits auf Hessisch." Die beiden präsentierten ihren ganz speziellen Blick auf die Musikgeschichte der letzten 130 Jahre mit einem Repertoire von weltbekannten Hits, die von ihnen – aus dem Englischen, Französischen oder Italienischen – so originalgetreu wie möglich – in die Hessische Mundart übertragen wurden.
Ganz hart wurde es für das Publikum etwa, wenn mit „Das Herz schläscht weiter“ das hessische Original zum Titanic-Song „My Heart Will Go On“ von Céline Dion von den Musikern auf die Bühne gezaubert wurde. Dass Hessisch die "wahre Sprache der Liebe und der Poesie" ist, wurde dann u. a. auch bei der Interpretation von Rihannas „Reschescherm“ deutlich.
Eine anspruchsvolle multidisziplinäre Kunstperformance präsentierte Lucida Ivone Ruiz aus Mexiko vor dem KOMM-Einkaufscenter. Dabei wurden von ihr unterschiedlichste Elemente aus Lufttanz mit Reifen (Cyr Wheel) und Lufttuch, Theater, zeitgenössischem Ausdruckstanz sowie Malerei in freiem Wechselspiel miteinander kombiniert.
Die darstellende Künstlerin strebte dabei an, ihre Gefühls- und Ideenwelt gleichzeitig in mehr als nur einer Kunstform visuell und körperlich zum Ausdruck zu bringen. Getanzt wurde beispielsweise zum Klang und zum Rhythmus der eigenen Worte, die im Hintergrund aus dem Lautsprecher ertönten.
Im Verlauf der Performance entstanden so auch mehrere Gemälde, die von Lucida in unterschiedlichen Techniken, angefertigt wurden.
Die "Locomotion Kinder-Tanzbühne", die in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag feiert, beteiligte sich am Straßentheaterfest in diesem Jahr mit einigen ausgesuchten Szenen aus früheren Theaterstücken. Diese waren zu einem bunten Potpourri für eine Reise durch die Märchenwelt zusammengestellt worden.
Dabei traf etwa der Froschkönig auf den bösen Wolf aus Rotkäppchen, gefährliche Waldtrolle sowie einige Prinzen oder Prinzessinnen.
Beim "minimal circus" zeigte sich, dass auch ein Artist und ein Koffer mit verschiedenen einfachen Requisiten ausreichen können, um auf Straßen und Plätzen das Flair eines Zirkuszeltes zu erzeugen. Der Akrobat Nils Wollschläger von der "Compagnie Omnivolant" zog mit seiner Präsentation aus den Bereichen Akrobatik und Jonglage, das Publikum, das selbstverständlich immer noch gefährlichere Übungen sehen wollte, mit selbstironischer Komik und virtuoser Artistik in seinen Bann.
Dabei hatte er aber auch zeitweise mit den ungünstigen Witterungsbedingungen zu kämpfen. Denn, wenn der kräftige Wind etwa die Keulen zu verwehen droht, gestaltet sich das Jonglieren noch schwieriger als üblich und auch der todesmutige Versuch, das Gleichgewicht auf dem Balance-Board oder gar der Kugel wird nicht unbedingt einfacher.
Weil am Abend wieder Regen einsetzte, mussten die letzten noch laufenden Aufführungen leider schnell abgebrochen werden. Somit war das Spektakel in der Offenbacher Innenstadt – mit seinen vielen aufregenden Momenten und attraktiven Darbietungen – sogar noch früher vorbei als von den Organisatoren eigentlich geplant.
So bleibt nur sich auf eine hoffentlich stattfindende Neu-Auflage dieses abwechslungsreichen, bunten und außergewöhnlichen Theaterevents im Sommer 2025, vielleicht endlich auch einmal bei richtig sommerlichem Wetter, zu freuen.
