Nach der mehr oder weniger unfreiwilligen langjährigen Zwangspause fand zwischen dem 09. und 11. Juni 2023 endlich wieder einmal das historische Lamboyfest – zur Erinnerung an die Belagerung und Befreiung Hanaus während des 30-jährigen Krieges im Jahr 1636 – statt.
Drei Tage lang wurde bei dieser Neuauflage in der Altstadt vor allem ein durchaus abwechslungsreiches Musikprogramm geboten. Dabei kamen die allseits bekannten Standards aus der Brüder-Grimm-Stadt und der Rhein-Main-Region sowie die Partybands aus den unterschiedlichen musikalischen Genres etwa mit Oldies oder Rock- und Pop-Sounds zum Zuge.
Fehlen durften bei diesem Lamboyfest natürlich auch nicht "J. Sanders & Friends" – mit dem Bandleader trotz Wärme in langen Hosen und mit dem obligatorischen Cowboyhut.
Darüber hinaus gab es aber auch verschiedene musikalische Highlights mit interessanten Auftritten von Künstlern und Musikern von außerhalb.
Hervorzuheben sind hier etwas die Auftritte der Gruppe "An Erminig", die das Hanauer Lamboyfest schon bei früheren Gelegenheiten mit ihren eher ruhigeren bretonisch-keltischen Klängen bereichert hat oder etwa die flippige Vollblut-Band "The Beez" aus Berlin mit ihrer witzigen und abwechslungsreichen deutsch-australisch-amerikanischen Mischung – sowohl musikalisch als auch was die Besetzung der Band angeht.
Einen Leckerbissen bot auch der Auftritt der "E3 Acoustic Band" aus der Region mit ihrem abwechslungsreichen "Folk Rock im akustischen Gewand" auf dem geplanten Weg von der Schlossplatz-Bühne zum Festival nach Wacken.
Den Bezug zum weltpolitischen Geschehen lieferten "Zaitsa" mit ihrer ukrainischen und osteuropäischen Musik mit Jazz, Pop, Balkan und Klezmer-Elementen am Samstag auf der Bühne am Goldschmiedehaus.
Ebenfalls auf der Bühne am Goldschmiedehaus sorgte am Sonntagabend schließlich die Band "Orange" mit "Rainer von Vielen" ihren treibenden Beats und sphärischen Elektro-Sounds, die viele Fans auf dem Platz zum Tanzen anregten, für hervorragende Stimmung und für einen gebührenden musikalischen Abschluss der drei sonnigen Festtage.
Einige interessante Neuerungen wurden auf dem reduzierten Festbereich zwischen Schlossplatz und Altstädter Markt ebenfalls geboten. So wurden etwa die "Wirtschaft im Hof" und das vom eigentlichen Festbereich und Trubel abgewandte Ajoki/Ellis mit seiner Bühne in das Treiben einbezogen.
Im Fronhof gab es außerdem mit dem "Nachtbummel" einen kleinen bunten Markt mit Angeboten aus den Bereichen Kunst, Design, Mode, Schmuck & Vintage. In der Alten Johanneskirche wurden darüber hinaus eine Ausstellung und einige themenbezogene historische Vorträge präsentiert.
Erstmals Teil des Lamboyfests war auch ein Ableger des "Kinder Erlebnis Kultur Spektakel” (KEKS) des "großen" Bürgerfests mit kleinem Kinderareal sowie Auftritten von Hanauer Vereinen mit ihren Kinder-Tanzgruppen etc. an der Karl-Rehbein-Schule.
Große und kleine Kinder durften sich am Sonntagmittag obendrein auf die Aufführung von "Nils Holgersson" freuen, bei der die "Kleine Oper Bad Homburg" das bekannte Kindermärchen neu interpretiert und mit viel Liebe auf die Bühne am Schlossplatz gezaubert hat.
Ein großer Verlust des diesjährigen Lamboyfests, das damit zweifellos einiges von seinem früheren unverwechselbaren Charakter und Charme eingebüßt hat, war auf jeden Fall der unverständlich erscheinende Verzicht der städtischen Verantwortlichen auf das beliebte Gauklerfest mit seinen diversen Walking-Acts, Theatergruppen und den Show-Einlagen von Gauklern und Akrobaten.
Diese hatten in den früheren Jahren schon vom frühen Nachmittag an bis in den Abend hinein – mit den dann stattfindenden Paraden – für eine tatsächliche Belebung von Gassen und Plätzen der Altstadt sowie ein begeistertes Publikum gesorgt und durch ihre bunten, facettenreichen und kreativen Auftritte überhaupt erst zur einmaligen Atmosphäre des "legendären Lamboyfests" beigetragen.
Letzte Reste hiervon waren in diesem Jahr bei den Auftritten vom "Duo Agil" mit seinem artistisch-akrobatischen Kindertheater "Schlickenspitz" und den Touren der Künstler mit dem "verrückten Trabbi" über das Festgelände zu sehen, die jeweils begeistert von den Schaulustigen aufgenommen wurden.
Denn gerade an den Nachmittagen am Festwochenende hielt sich das Publikums-Interesse in der Altstadt doch eher in überschaubaren Grenzen. Selbst am Samstagabend setzte der größere Ansturm erst gegen ca. 19:00 Uhr ein. Sonntags war es dagegen sogar über den ganzen Tag hinweg eher "gemütlich", sodass die in den Medien kolportierte Zahl von 35.000 Besucherinnen und Besuchern an den drei Festtagen – in der flächenmäßig stark begrenzten Hanauer Altstadt mit lediglich 3 Hauptbühnen – doch eher unwahrscheinlich erscheint.
Leider wurde auch das musikalische Vergnügen gelegentlich durch technische Pannen getrübt. Als ungünstig erwies sich auch der Aufbau von verschiedenen Bühnen und Gastronomieständen, insbesondere am Schlossplatz, wodurch die Bereiche vor den auftretenden Musikern und Schauspielern zeitweise zu bloßen Durchgangszonen degradiert wurden oder es auch zu vereinzelten Lärmbelästigungen kam, was den Kunstgenuss des Publikums auf den Sitzplätzen vor den Aufführungsstätten nicht gerade zuträglich war.
Für ein künftiges Lamboyfest im Jahr 2024 bliebe also, falls man das frühere Niveau wieder anstreben wollte, noch einiges an Luft nach oben, was kulturelle Inhalte und auch die Organisation angeht.
Galerie(n)
Konzerte
An Erminig
The Beez
Orange
J. Sanders & Friends
E3-Acoustic-Band
Zaitsa
Kultur & Ambiente
Nils Holgersson
Duo Agil
Ambiente