Weit mehr als "Gaukelspiel und Narreteyen", wie es das diesjährige Motto "Charivari" nahelegte, wurde beim Hayner Burgfest 2011 geboten. Eine der schönsten mittelalterlichen Veranstaltungen Deutschlands konnte am zweiten September-Wochenende die zahlreich erschienenen Besucherinnen und Besucher mit einer Mischung aus Markt, Musikfestival, bunter Unterhaltung und weiterem Rahmenprogramm erneut begeistern.

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Zur stimmungsvollen Atmosphäre trugen die hohe Dichte gewandeter Festteilnehmer und das Ambiente der von der Ruine geprägten Altstadt von Dreieichenhain einen nicht unerheblichen Teil bei. Quasi hinter jeder Ecke boten sich den Besuchern neue Überraschungen. Überall konnte der Besucher auf Dutzende von Gauklern, Artisten und Spielleuten treffen, die mit ihren Jonglagen, Zaubertricks und kleinen Stücken das einheimische und das zugereiste Volk an allen drei Tagen auf das Beste unterhielten.

Ruine am Abend

Eine ganz besondere Attraktion war in diesem Jahr sicherlich die toskanische Fahnenschwinger-Truppe "Gruppo Storico e Sbandieratori Città Castiglion Fiorentino", die in mehreren kunstvollen Vorführungen – begleitet von Bläsern und Trommlern – Eindrücke des traditionellen norditalienischen Fahnenspiels vermittelte.

Eine ganz andere Art "Fahnenschwinger" war dagegen Jolandolo vom Birkenschwamm, der schon seit einigen Jahren als Gaukler, Geschichtenerzähler und Narr das Hayner Burgfest mit seinem launischen Humor und seinen artistischen Kunststücken bereichert.

Charivari mit Jolandolo

Der "Eisen-Hans" aus Österreich wuchtete, als "stärkster Mann der Welt", auf seinem Gerüst eine ganze Schar von Kindern in die Höhe. Das handbetriebene Mini-Riesenrad und ein Mäuseroulette sorgten insbesondere bei den kleineren Festbesuchern für große Begeisterung.

Eine beträchtliche Anzahl bekannter Mittelalter-Bands sorgte mit mehreren Konzerten auf den verschiedenen Haupt- und Nebenbühnen an allen Tagen für die musikalische Unterhaltung der Fans. Richtig voll wurde es beim Auftritt von "Feuerschwanz", die sicherlich ganz besonders für die humorige Seite der Mittelalter-Musik stehen. Mit ihren frechen Texten wie bei "Hurra Hurra die Pest is da", weiteren Saufliedern und musikalischen Parodien sowie ihrer abwechslungsreichen Bühnenshow, mit "Met und Miezen" gelang es der Gruppe ihr Publikum in großer Zahl zur Open-Air-Bühne in Dreieichenhain zu locken.

Der "geile Haufen" – bestehend aus dem Hauptmann, der virtuosen Geigerin Johanna von der Vögelweide (alias Stefanie Pracht), Sir Lanzeflott, dem jungen Prinzen Hodenherz, Knappe Latte, und Hans dem Aufrechten – sorgte schnell vor und auf der Bühne für überschäumende Stimmung, die ihren Höhepunkt erreichte, als die Schläuche der gut gefüllten Met-Maschine an die Zuschauer weitergereicht wurden.

Unter dem unbeständigen Wetter am frühen Freitagabend hatte bedauerlicherweise eine der wenigen reinen Frauenbands der deutschen Mittelalter-Szene "Filia Irata" zu leiden. Die Damen boten aber dennoch – mit Unterstützung durch den Gaukler Philippus – ein vielfältiges und humorvolles Hörerlebnis.

Der Sommertag mit Rekordtemperaturen am Samstag sorgte am Abend dieses Tages dagegen für einen richtig großen Ansturm, sodass beim Konzert der Gruppe "Schelmish", die mit ihrem "druckvollem" Mittelalter-Rock mittlerweile zum "Inventar" des Burgfestes gezählt werden kann, bald kein Plätzchen mehr vor der Hauptbühne im Burggarten zu ergattern war.

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Begleitet wurden sie von den "Neo-Pipe-Folk"-Musikern von "Capud Draconis", die mit ihrer Mischung aus schottischer Spielweise, treibenden Gitarren und donnernden Trommeln zu begeistern wussten.

Capud Draconis

Mittelalterliche Kampfkunst durfte, obwohl nicht im Mittelpunkt, auch in diesem Jahr nicht ganz fehlen. Zum einen war sie, wie bei der eigens für das Burgfest geschriebenen Herz-Schmerz- Liebesgeschichte "Der Schelm vom Hayn" als Rittergefecht in eine komödiantische Handlung einbezogen.

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Zum anderen präsentierte die Offenbacher Fechtschule "Zornhau" in historisch exakten Schaugefechten Kampftechniken mit und ohne Waffenunterstützung. Vom Ringen über Messer- und Schwertkampfeinlagen bis hin zum Gefecht mit Stab und Lanze wurde einiges vorgeführt.

Was Richard Wagner oder Mediävisten von der vorgenommenen Neu-Interpretation der Siegfried-Geschichte im Stück "Die wahre Nibelungen-Sage" gehalten hätten, wird man wohl nie erfahren. Dass dem begeisterten Publikum die "augenzwinkernde Dramulette" besonders viel Vergnügen bereitete, konnte man aber an den Lachsalven und am begeisterten Applaus unschwer festmachen. 

Die wahre Nibelungen-Sage

Einheimische und regionale Gruppen kamen beim Burgfest in diesem Jahr ebenfalls wieder zum Zuge. Die Profis des Improvisationstheaters "Heilige Improvisation" (aka Improgarage) wussten an den verschiedenen Tagen mit spontanem Wortwitz zu begeistern und vermochten es sogar, während einer ihrer Vorstellungen, einigen angereisten Offenbacherinnen und Offenbachern ihr schweres Schicksal zumindest ein wenig zu erleichtern.

Heilige Improvisation

Für Begeisterung sorgten auch die Feuershows zum jeweiligen Abschluss der beiden Hauptabende beim Hayner Burgfest. Ihr großes Können stellte die Truppe von "Leicht Entflammbar" unmittelbar nach dem Feuerschwanz-Konzert unter Beweis.

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Am Samstagabend sorgten die überregional und weltweit bekannten "firedancer" aus Dreieich beim diesjährigen endlich auch einmal wieder direkt in ihrer Heimat für eindrucksvolle Unterhaltung. Nach dem Konzert von Schelmish rückten die Menschen bei der Ruine dichter zusammen, um die atemberaubende Show der Artisten mit dem Titel "Ein Funke springt über" hautnah miterleben zu können.

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Markthändler und Handwerker boten in der Altstadt und auf dem "Herrenborn" allerlei mittelalterliche Waren an ihren Ständen feil. An unzähligen Buden und Ständen konnten Gewandungen und Rüstungs-Zubehör in verschiedenen Stilrichtungen käuflich erworben werden. Holzspielzeug, Trinkhörner oder verschiedene Objekte aus den Bereichen Glas- und Metallkunst waren ebenso im Angebot wie sonstiger mittelalterlicher Zierrat. Entspannung und Abkühlung konnte man bei Badern und Masseuren finden.


Marktstand

Stände mit Weinen, Met, Spezialbieren oder Whiskeysorten rundeten das vielfältige Angebot ab. Für die kulinarischen Bedürfnisse und das leibliche Wohl der Festbesucher war ebenfalls bestens gesorgt. Die Düfte von deftigen Spezialitäten zogen überall über das Gelände. Wer mehr auf etwas Süßes stand, konnte seinen Appetit beispielsweise mit gehaltvollen Apfelkringeln stillen. Verschiedene Tavernen und Getränkestände boten darüber hinaus von Metbier bis Minztee alles an.

Weinstand

Eine umfassende Zusammenfassung aller Attraktionen des Hayner Burgfestes erscheint schier unmöglich und soll in diesem Rahmen auch nicht versucht werden. Gelegentlich geäußerte Kritik an angeblich zu hohen Eintrittspreisen erscheint – angesichts des hier Gebotenen – absolut nicht angebracht. Es gibt andere Mittelalter-Events, die für ein sehr eingeschränktes Programm ähnliche Summen abrufen, bei denen von einem ausgewogenen Preis-Leistungs-Verhältnis sicherlich nicht die Rede sein kann. In Dreieichenhain war hingegen jeder "Taler" gut angelegt.

Ruine am Abend

Besonders ist in diesem Zusammenhang zu loben, dass die Eintrittskarte gleich auch als Kombiticket für den gesamten öffentlichen Nahverkehr in der Rhein-Main-Region genutzt werden konnte und dass der am Wochenende leider recht ausgedünnte Fahrplan der Dreieichbahn durch einen Shuttle-Bus-Service zum Festbereich ergänzt wurde. Hier könnten sich sicherlich einige andere mittelalterliche Veranstaltungen, die immer noch fast ausschließlich auf autofahrende Besucher zählen, eine große Scheibe abschneiden.

Beim Musikprogramm sollte man vielleicht von den Organisatoren aus künftig wieder etwas mehr Variation anbieten. Zwar lassen es die "Party-Bands" unter den Spielleuten gerne mal so richtig krachen, doch auch die Fans besinnlicherer Klänge sollten, wenn möglich, nicht gänzlich zu kurz kommen.

Gestört wurde das fröhliche Festtreiben bedauerlicherweise durch einen Übergriff auf einen Marktbeschicker. Der Stand eines Trommelbauers wurde in der Nacht zum Sonntag komplett zerstört und die traurigen Überreste darüber hinaus mit einer übelriechenden Flüssigkeit versehen, sodass dieser Bereich sogar einige Zeit von Polizei und Feuerwehr abgesperrt werden musste. Dies konnte aber den Festbetrieb glücklicherweise nicht allzu lange beeinträchtigen.

Bleibt eigentlich nur noch die Vorfreude auf das Hayner Burgfest im kommenden Jahr, das dann vom 7. bis 9. September 2012 unter dem Motto "Mercatus annualis – Gilden, Zunft und Gaukeley" stehen wird.

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