Neben dem Out- und Indoor-Theaterprogramm beinhaltet die Sommerwerft auch ein Musik-Festival. Dabei wird ein weites Spektrum, das von Singer-Songwriter-Folk, Rock und Pop über historisch und ethnisch geprägte Weltmusik-Klänge bis hin zu Soul, Rap, oder gar Punk reicht, abgedeckt.
Künstlerinnen und Künstler aus der Region Frankfurt/Rhein-Main wechselten sich mit solchen aus ganz Deutschland oder dem internationalen Raum ab.
Schon arrivierte Gruppen und Solisten bereicherten das Festival mit ihren Auftritten. Aber auch etlichen talentierten Newcomern wurde im Beduinenzelt mit seiner ganz speziellen Atmosphäre eine passende Bühne bereitet.
Neben Sommerwerft-Stammgästen, gab es etliche neue Gesichter aus dem musikalischen Nachwuchs zu sehen und zu hören. Zum Abschluss – und musikalischen Sommerwerft-Finale – wechselten die Festival-Organisatoren dann wieder auf die Bühne unter dem Dach des Zirkus- und Theaterzelts.
"Songbirds" im Beduinenzelt
Ein Höhepunkt des diesjährigen Sommerwerft-Musikpogramms im Beduinenzelt am Ufer der Mainmetropole war sicherlich der facettenreiche Abend mit mit Konzerten von Kyrie Kristmanson und Rachelle Garniez – unterstützt von Ashia & The Bison Rouge (die am folgenden Abend ihr eigenes Solo präsentierte).
Die ganz außergewöhnlichen Sängerinnen und Musikerinnen mit ausgeprägt divergenten musikalischen Ausdrucksformen, Instrumentarien und Stileelementen, bewegten in ihren jeweiligen Sets das interessierte Publikum mit intensiven musikalischen Momenten und gewährten dabe recht intime und emotionale Einblicke in ihre Gedanken- und Empfindungswelten.
Einen größeren Bekanntheitsgrad in Europa, konnten die jenseits des Atlantiks schon sehr renommierten Musikerinnen bereits durch ihre Auftritte und Aufnahmen – zusammen mit weiteren Künstlerinnen – im Rahmen des "American Songbirds-Collective" (ausgehend vom gleichnamigen nordamerikanischen Festival) erlangen.
Feenhafte Folk-Troubardourin
Die kanadische Folksängerin Kyrie Kristmanson (Ottawa) verzauberte während ihres Auftritts mit Stücken, die an die Schönheit ihrer Heimat und die "geisterhaften Energien eines unermeßlichen und leeren Kanadischen Naturraumes" erinnern.
Dabei zog sie die Zuhörer mit ihrer feenhaften Ausstrahlung, einem virtuos anmutenden Gitarrenspiel sowie der ausdrucksvollen Stimme unwillkürlich in ihren Bann.
In ihrem Musikstil gelang es der Künstlerin die Traditonen der nordamerikanischen Folk-Music mit Klängen des Mittelalters (insbesondere "weiblichen Troubardouren", denen sie sich in ihrer musikalischen Arbeit besonders widmet) sowie mit Pop-Elementen und Einflüssen aus Jazz und Klassik zu verbinden.
Geniale "Diva der anderen Art"
Einen starken Kontrast zum Vorhergehenden bildete dann der Auftritt der "Diva der etwas anderen Art" Rachelle Garniez aus New York, die schon mit vielen anerkannten Musikern oder auch Produzenten für Bühne und Film zusammengearbeitet hat. Musikalisch führt sie die Gäste im Beduinenzelt mit ihren von Jazz, Rock oder auch Blues beeinflussten Stücken quasi von der New Yorker-Hafenkneipe bis hinein ins große Opernhaus.
Dies bewerkstelligte die Künstlerin u. a. mit einem enormen Stimmumfang, der – quasi übergangslos – vom markanten tiefen Alt bis hin zum "zwitschernden Sopran" reichen kann.
In ihren – an diesem Abend hauptsächlich vom virtuos beherrschten Akkordeon begleiteten – Liedern, erzählte die Songwriterin, die in jüngeren Jahren auch längere Zeit als Straßenmusikerin unterwegs war – immer wieder durchaus selbstironisch und mit Einsatz theatralischer Mittel – skurrile, humorvolle, melancholische und tragi-komische Geschichten, die aber oft mit ernstem oder nachdenklichem Hintergrund versehen sind.
Im Konzertverlauf kam es dann auch immer wieder einmal zu gemeinsamen Auftritten der drei "Singvögel", die obwohl stilistisch eigentlich so unterschiedlich gestrickt, musikalisch doch hervorragend miteinander harmonieren und interagieren. Mal lieferten sie sich auch nur gegenseitig gesangliche oder instrumentale Unterstützung.
Ashia Grzesik
Am folgenden Abend, folgte dann das Solo-Konzert der polnisch-amerikanischen Sängerin und Cellistin Ashia Grzesik, die schon im Vorjahr – mit ihrer Verbindung von Klassik- und Pop-Elementen sowie traditioneller osteuropäischer Folklore – auf der Sommerwerft zu begeistern wusste.
Die von Ashia gebotene Kombination aus virtuosem Cellospiel sowie ihrem mal dramatisch anmutenden, mal gefühlvoll-intimen gesanglichem Vortrag, schlug die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer im Beduinenzelt erneut in ihren Bann.
Akustikset mit Historienklängen und Weltmusik
Die Gruppe Triskilian, die nun auch schon zu den Sommerwerft-Stammgästen gezählt werden darf, nahm ihre Zuhörerinnen und Zuhörer mit auf eine akustische Zeit- und Weltreise durch verschiedene Epochen und kulturelle Räume.
Dabei gelang es der Sängerin Jule Bauer die Zuhörer mit ihrer glasklaren Stimme zu verzaubern. Die mystisch anmutenden Klänge wurden dabei rein-akustisch auf traditionellen Instrumenten, wie etwa Nyckelharpa, Drehleier, Flöten, Laute oder keltischer Harfe, erzeugt auf denen auch der Multi-Instrumentalist Kilian brillieren konnte.
Für den eingängigen Rhythmus und die Abrundung des Sounds sorgten die Perkussionistin Christine sowie Gitrarrist Philipp. Im Repertoire wechselten sich verschiedene Eigenkompositionen der Band mit mittelalterlichen Stücken, traditionellen sephardischen Liedern, skandinavischen Tänzen oder auch orientalischen Rhythmen ab.
Sowohl die ruhigeren Balladen als auch die treibenden Tänze mit großer Intensität zogen das Publikum im hierfür absolut angemessenen Ambiente des Sommwerft-Beduinenzelts ihren Bann.
Ausdrucksstarke Newcomerin
Einen besonders erfrischenden Auftritt lieferte die erst 21-jährige Neu-Isenburger Singer-Songwriterin DanaMaria auf der Konzertbühne im Beduinenzelt ab.
Die Künstlerin, die ihre musikalische Richtung wohl in der amerikanischen Countrypop- und Folkrock-Musik gefunden hat, präsentierte sich auf der Sommerwerft stilecht gekleidet in Fransen-Jacke und mit Cowboy-Boots. Ihr Set umfasste dabei vorwiegend bereits sehr beeindruckende Eigenkompositionen, wie etwa die melancholische Ballade "Trip Down Memory Lane", von ihrer ganz aktuellen ersten eigenen EP mit dem Titel "Red Moon."
Zu überzeugen vermochte DanaMaria das Publikum dabei insbesondere mit ihrer melodisch ausdrucksstarken Stimme sowie ihrem ausgezeichneten Spiel auf der Western-Gitarre.
Elegante Spacefolk-Klänge mit "Lucid"
Zu den Stammgästen im Beduinenzelt zählte die Frankfurter Sängerin "Lucid" (alias Claudia Fink), die wieder einmal mit ihrem ausdrucksvollen Gesangsowie einer gelungenen musikalischen Synthese von Folk-, Pop- und Jazz-Elementen überzeugen konnte.
Zum Repertoire der Singer/Songwriterin, die sowohl auf der Gitarre als auch am Keyboard brillierte, zählten elegante und melodische Balladen mit poetischen englischsprachigen Texten, die von gefühlvoll-eingängigen Melodien untermalt wurden. Begleitet und unterstützt wurde sie auf der Sommerwerft-Bühne von verschiedenen Band-Kollegen, die ihren Teil zum speziellen Lucid-Sound-Erlebnis dieses Abends beitrugen.
Kera Mono
Die im Süden Indiens geborene und in Hanau wohnhafte Singer-Songwriterin Kero Mono präsentierte – diesmal sogar mit einer extra erstellten Setlist – ihre von Jazz, Soul, Blues, Reggae und Pop beeinflusste Musik im Beduinenzelt.
Mit sanfter Stimme und eindringlichen Melodien gab sie, begleitet auf der Gitarre – immer wieder unterbrochen von selbstironischen Statements – , zahlreiche selbstkomponierte emotionale Songs über das Leben, einen Irrungen und Wirrungen und selbstverständlich die Liebe zum Besten.
Melancholisch, rauher Folk vom Reverend
Mit Reverend Schulzz (und Begleitung vom "Holy Service") aus Hanau betrat eine regionale Singer-Songwriter-Größe wieder einmal die Bühne im Beduinenzelt.
Auf Gitarre und Mundharmonika präsentierte der "Meister der melancholischen Alltagskurzgeschichten", der schon seit den 90er Jahren musikalisch aktiv ist, mit gewohnt rauer Stimme eine Auswahl seiner gefühlsbetonten Folksongs – wie etwa die Seefahrer Hymne "Wish I Was a Sailor" oder die "Four black Riders".
New Country und neues Bandprojekt
Gleich zwei Auftritte der vielfach ausgezeichneten Sängerin Ann Doka konnten die Sommerwerft-Besucher in diesem Jahr erleben. Zum einen gastierte sie erneut mit ihrem schon bekannten Solo-Programm. Zum anderen gab es einen Auftritt mit dem Musikerkollegen Dirk Steinhauer (bekannt durch die Band "radiobar") bei dem beide das gemeinsame neue Musikprojekt "Goldmine" vorgestellen konnten.
Beim Auftritt mit ihrer Band präsentierte Doka vorwiegend Eigen-Kompositionen im von ihr bevorzugten New-Country-Stil, der mit der bekannten klassischen Country- und Westernmusik bis auf die Instrumentierung und bestimmte Stilmuster nicht mehr viel gemein hat sondern eher von Pop-, Rock- oder auch Folk-Elementen dominiert wird.
Das Goldmine-Konzert stellte unter Beweis, dass sich die recht unterschiedlichen musikalischen Ansätze der beiden Protagonisten Doka und Steinhauer– trotz gelegentlicher Frotzeleien auf der Bühne – durchaus in harmonischer Form miteinander verbinden ließen. Manchmal exitiert eben vielleicht doch eine Straße zwischen Nashville und Memphis.
Verträumt swingende Chansons von "Marenka"
Poetischer Pop mit deutschsprachigen Songs wurden von der Band "Marenka" um die Sängerin und Instrumentalistin Regina Degado präsentiert. Dabei wurde das Publikum im Beduinenzelt mit Jazz-, Funk- und Latin-Melodien sowie Swing-Elementen in ein buntes musikalisches Wunderland entführt.
Zu beeindrucken vermochte Degado dabei immer wieder mit ihren verschiedenen virtuos vorgetragenen Einlagen auf Violine und Saxophon. Unterstützt wurde sie dabei von ihren versierten Bandkollegen auf dem Cajon und am Keyboard. Die fröhlich-verträumten und manchmal auch nachdenklichen Texte der Chansons "mit den Füßen am Boden und dem Herzen im Himmel" waren dabei u. a. geprägt von wildromantischen Liebesgeschichten sowie den alltäglichen Dramen des Lebens.
Sanfte Songs mit "Gitarren-Percussion"
Für den österreichischen Touch im Sommerwerft-Musikprogramm sorgte der Gitarrist & Komponist Tom Strasser im Beduinen-Zelt. Auffällig bei seinem Auftritt besonders der ungewöhnliche und innovative Gitarren-Stil – "Percussive Fingerstyle Guitar". Durch Fingertrommeln sowie diverse weitere Tricks wandelt sich hierbei die akustische Gitarre quasi zum Percussions-Instrument.
Auf diese Weise gelang es dem Künstler seine selbstkomponierten, von Folk und Blues geprägten Songs mit einem speziellen Klangteppich zu untermalen. Unterstützung erhielt Strasser bei seinem kurzweiligen Auftritt von einigen Sommerwerft-Kindern wie etwa der kleinen Sofie, die ihn auf der Bühne mit ihren eigenen Tanzeinlagen begleitete.
Musikalisches Märchen
Um verschiedene menschliche Stimmungen ging es beim außergewöhnlichen musikalischen Märchen "Das verschenkte Weinen", das sich an Kinder ab 6 und an Erwachsene richtete.
Vorgetragen wurde das Stück von Cellistin Eilidh Martin, der Komponistin Marion von Tilzer am Piano sowie von den Violinisten Ruben Wielsch Vera van der Bie. Die einfühlsame Erzählerin war Karen Remy.
Traditionelles Werft-Finale mit Embryo
Nach den Auftritten von "Poisoned Folk" und "Bukahara Trio" im Zirkuszelt, folgte auch in diesem Jahr der mittlerweile schon traditionelle musikalische Sommerwerft-Abschluss mit den befreundeten Musikern der Gruppe "Embryo".
Diese Gruppe darf als eine der bedeutendsten deutschen Krautrock-Bands der 1970er Jahre betrachtet werden. Schon seit 1969, trotz mehrerer Brüche, als Musik-Kollektiv und -Kommune aktiv, haben sie sich in den zurückliegenden Jahrzehnten zu einer Weltmusik-Band, die die verschiedensten Stile und Musikrichtungen europäischer und außereuropäischer Musiktradtionen miteinander verknüpft, weiterentwickelt.
Ein Element, dass die Musik von "Embryo" immer wieder auffrischt ist das Tatsache, dass bei der Band immer wieder Besetzungswechsel vorgesehen sind, so dass auch Gastmusiker die Auftritte bereichern können. An diesem Abschlussabend am Frankfurter Mainufer konnten somit auch wieder verschiedene antagon-Musiker zur Band dazustoßen und ihren Teil zum eindringlichen multi-instrumentalen Klangerlebnis mit seinen diversen elektro-psychedelischen und ethnisch-geprägten Elementen beitragen.
Leider war das Konzert-Vergnügen in diesem Jahr in seiner Dauer stark begrenzt, da die Band bedauerlicherweise aus "Lärmschutzgründen" ihr Programm – pünktlich gegen 23:00 Uhr – ohne weitere Zugaben beenden musste (während es dagegen für die Ausflugs-Musikdampfer auf dem Main mit ihrem stampfendem und oftmals überlauten Disco-Sound keine Regularien zu geben scheint).